Der Bismarckturm

An der B 87 steht ein markantes, lange Zeit ungeliebtes Bauwerk und blickt über unsere Stadt. Gebaut wurde es von unseren Vorfahren zur Ehre Otto von Bismarcks (1815-1898), dem 1. Kanzler des Deutschen Reiches. Der Turm, auf vielen Postkarten verewigt, ist schon von weitem sichtbar. Er stellt ein Zeichen einer längst vergangenen Zeit, ist aber auch ein Beispiel der Leistungsfähigkeit der damaligen Handwerker.

Seine Geschichte beginnt mit der aufkommenden Bismarck-Verehrung zu Ende des 19. Jahrhunderts. Der Mythos des Altreichskanzlers hatte auch die konservative Bürgerschaft und deren Vereine hier in Apolda erreicht. So feierte man jedes Jahr am 1. April Bismarcks Geburtstag mit einem würdigen Fest. Organisator war der hiesige Hoflieferant H. Wiegand.

Um ihrer Liebe und Verehrung zum Fürsten Bismarck noch mehr Ausdruck zu verleihen, beschlossen die Mitglieder der Festversammlung am 1. April 1897 im Salon "Zur Zwecke" die Gründung des Bismarck-Vereins Apolda (wahrscheinlich einer der Ersten im Deutschen Reich). Nach dem Tod Bismarcks rief die Deutsche Studentenschaft dazu auf, im ganzen Land steinerne Ehrenmale aus Dank für den Schöpfer des Reiches zu errichten. Für den ganzen Thüringer Raum sollte eine Säule nach dem preis­gekrönten Entwurf "Götterdämmerung" des Architekten Wilhelm Kreis errichtet werden. Der "Bismarck-Verein" in unserer Stadt aber beschloss 1899, den Bau eines eigenen Turmes auf der Mattstedter Höhe. Entwurf und Kostenanschlag sowie die spätere Bauleitung übernahm der Großherzogliche Baurat Günther ehrenhalber, den Auftrag zur Bauausführung erhielt die Apoldaer Fa. A. & C. Hornbogen.

Bei der Umsetzung dieses Planes in die Realität erwies sich die Beschaf­fung der dazu nötigen Gelder als das größte Problem. Die ersten 500 Mark spendete der "Thür­ingerwald-Verein" unter der Bedingung, dass dieses Ehrenmal auch als Aus­sichts­turm genutzt werden könne. Weitere 1.000 Mark bewilligte die Stadt, die das geplante Bauwerk auch in ihr Eigentum übernahm, und die Städtische Sparkasse. Durch eine Schenkung der Zimmermannschen Erben erhielt die Stadt Apolda im Juni 1901 an der geplanten Stelle 1.200 m² Bauland für dieses umfangreiche Projekt. Feierliche Grundsteinlegung war zu Bismarcks Geburtstag am 1. April 1902. Nach vielen weiteren Verzögerungen begannen zwei Jahre später im Frühjahr die geplanten Bauarbeiten. Mit diesem, am 25. September 1904 geweihtem Turm, der vierte im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, besaß nun Apolda nicht nur ein Denkmal für den Reichskanzler Bismarck, sondern auch ein Ausflugsziel, von dem die Besucher einen herrlichen Ausblick weit ins Land genießen konnten.

Als Material verwendeten die Bauleute in der Mehrheit Kalkstein. Für das Quadermauerwerk des Erdgeschosses Muschelkalk (sog. Mehlpatzen) aus der Umgebung Jenas, Fries und Nischenmauerwerk bestehen aus Kalktuffstein, der in der Nähe von Weimar gewonnen wurde, der Söller des Hauptgesimses und der Aufbau des Feuerturmes sind aus hartem Droysiger Sandstein gemauert. Der Turm selbst besitzt einen quadratischen Grundriss 5,6 m x 5,6 m und eine Höhe von 23,75 m. Im Giebeldreieck der Eingangstür ist das Bismarcksche Familienwappen, in der Verkröpfung des Gurtgesimses das Bildnis des Altreichskanzlers in Bronze (gegossen von Hofglockengießermeister Schilling) zu sehen. An der Ost- bzw. Westseite sind die steinernen Wappen des Deutschen Reiches mit der Inschrift "A. D. 1904" und des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach mit Ranken und Rosetten angebracht. Unter dem oberen Gesims steht die Inschrift "BISMARCK". Im Innern führen eine Treppe mit 77 Steinstufen und eine Metallwendeltreppe bis zur Zinnenplattform hinauf. Eine 3 m große und 20 Zentner schwere, vom Oberingenieur Bock gegossene Feuerschale, krönt den Turm.

Im II. Weltkrieg diente der Bismarckturm zeitweise zur Luftraumüberwachung. Ab Mai 1949 setzte die Stadt wieder einen Turmwärter an der Leipziger Straße ein. Da die Person Bismarck in den Augen vieler Menschen als Wegbereiter Hitlers galt, musste er auf Druck der SED nach 1949 aus dem Geschichtsbild verschwinden. Bei der FDJ-Feier am Vorabend des 1. September 1949, dem Friedenstag, wurde der Apoldaer Bismarckturm in "Friedensturm" umbenannt. Diese willkürliche Namensänderung hatte keine rechtliche Grundlage, denn sie wurde nie durch einen Stadtratsbeschluss bestätigt.

Anders verhält es sich mit der "Bismarckstraße", die am 5. November 1908 ihren Namen erhielt. Dazu gab es am 12. September 1949 einen Antrag im Stadtparlament, mit dessen Zustimmung heißt sie seit dem 26. Mai 1950 "Friedrich-Engels-Straße". Anfang der 70er Jahre trug der Turm einen Verstärker für den Fernsehempfang und war somit für Besucher nicht zugänglich. Im Rahmen des Maßnahmeplanes 1974 des Rates der Stadt Apolda konnte der Turm ab dem 1. September wieder bestiegen werden. Einige Zeit später verfiel der Aussichtsturm in einen Dornröschenschlaf.

Viele Bemühungen ihn daraus zu erwecken blieben ohne Erfolg, aber zu seinem 100. Geburtstag am 25. September 2004 wurde er nach gründlicher Renovierung wieder geöffnet. Dies war nur durch die Mithilfe von verschiedenen Firmen, welche die Sanierung des Turmes finanziell oder mit Bauleistungen unterstützten, möglich.

Er ist nun für Besucher in den Monaten von April bis September samstags, sonntags und feiertags von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr kostenfrei zu besichtigen. Genießen Sie einfach die wunderschöne Aussicht über unsere Stadt!

Besichtigungen für Gruppen sind auf Anfrage über die Tourist-Information (Tel. 03644 650-100) möglich.

Diese Seite entstand mit freundlicher Unterstützung von Herrn Detlef Thomaszczyk.